Das dritte Kapitel der Hatha-Yoga Pradipika von Svatmarama. Hier geht es vor allem um Mudra und Bandha, aber auch die Oli-Techniken.

Hatha Yoga Pradipika

tritiyopadeshah

Satz 100

tasyah kinchid rajo nasham na gachchhati na sanshayah |"
tasyah sharire nadash cha bindutam eva gachchhati ||100||

तस्याः किंचिद् रजो नाशं न गच्छति न संशयः ।"
तस्याः शरीरे नादश् च बिन्दुताम् एव गच्छति ॥१००॥

tasyāḥ kiṁcid rajo nāśaṁ na gacchati na saṁśayaḥ ।"
tasyāḥ śarīre nādaś ca bindutām eva gacchati ॥100॥

Ohne Zweifel, geht kein bisschen von diesem Vaginalsekret (Raja) verloren, |
und der mystische Ton (Nada) erreicht wahrlich im Körper zum Samen (Bindu). ||100||


tasyāḥ = (gen. sg. f – demonstr. pron.) davon, von diesem
kiṁcid = bisschen
rajaḥ = Vaginalsekret, Menstruationsblut
nāśam = Verlust, Zerstörung, Auflösung
na = nicht
gacchati = (pr. ac. sg. 3 pers von gam) er geht
saṁśayaḥ = Zweifel

tasyāḥ = (gen. sg. f – demonstr. pron.) davon, von diesem
śarīre = (loc. n. sg) im Körper
nādaḥ = Ton, mystischer Ton. - Repräsentiert durch den nasalen Ton. Dieser wird durch den Halbmond unter dem Punkt (= Bindu) im OM-Zeichen dargestellt: ?
ca = und
bindutām = (acc.sg.) Samen, Bindu
eva = genau so, wahrlich, so
gacchati = (pr. ac. sg. 3 pers von gam) er erreicht

In der Hatha-Yoga-Tradition ist Samādhi immer mit dem Konzept des Gleichgewichts in der wandelbaren Welt bzw. des Samarasa verbunden. Konkreter geht es um die Vereinigung des „männlichen“ und die „weiblichen“ Prinzips. Sie werden im Gleichgewicht vermischt und nach oben zum Kopf oder Schädel gezogen. Dort findet die eigentlich Transformation statt (1).
Es resultiert ein Lebensspendender Tropfen. Dieser wird mahāṣūnya oder mahabindu genannt (2).

  • Weibliche wird auch als die Sonne und männliche als der Mond in menschlichen Körper symbolisiert. Samen und Regen kommen vom in der hinduistischen Weltsicht männlichen Mond. Die Sonne heißt weiblich und bringt dürren.
  • Der weibliche Tropfen heißt dann nāda, während der männliche bindu genannt wird.
  • Die beide existieren auch als Schwefel und Quecksilber (3)

Das Resultat der Vereinigung ist ein neues Siddha Deha oder Vajra Deha. Also ein Körper mit übernatürlichen Kräften (Siddhi) oder so fest wie Diamant (Vajra) ist.

(1) Siddhasiddhanatapaddhati 5.7, Goraksha Paddhati 1.75 u.a. dem Goraksha zugeschrieben Texte
(2) Gorakhbani, Dhyanabindu Upanishad 87-88, Goraksa paddhati 1.71-75, Goraksha Shataka 72-76 und Yogamartanda 61-64
(3) HYP 4.96