Zwei Pole einer Batterie zwischen denen die Energie fließt - so wird der Atem über Bandha durch den Körper geleitet. Wider die Schwerkraft und für mehr Leichtigkeit. Das nötige Bandha-Know-how bekommst du hier...

Inspirationen für die Praxis

Bandha leitet Energie. Es handelt es sich also um eine sehr subtile Technik. Physische Aktion und Muskelkontraktion ist daher nur ein kleiner Teil von Bandha. Mula Bandha und Uddiyana Bandha sind die beiden wichtigsten Ventile im Ashtanga Yoga.

Beachte

Dieser Artikel stammt von 1998. Ich habe weder damals noch empfehle ich Heute die Technik von Keigel. Sie ist hier lediglich zitiert.

Mula Bandha wird durch eine Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur eingeleitet. Stell Dir einfach vor, Du musst dringend auf die Toilette, es ist aber keine weit und breit, schon bist Du ziemlich nahe an Mula-Bandha. Keigel empfiehlt zur Kräftigung einer schwachen Beckenbodenmuskulatur, diese durch das Anhalten des Harnstrahls beim Urinieren zu trainieren. Kombinierst Du die vordere und die hintere Kontraktion und konzentriert sie zu einer sanftern mittleren Kontraktion, bist Du noch einen Schritt näher an Mula-Bandha. Setze dieses Mula Bandha am Ende der Einatmung, wenn die Ausatmung beginnt. Ziehe den Beckenboden nach innen und oben.

Uddiyana Bandha erreichst Du, indem Du den Bauch leicht nach innen ziehst. Stell Dir am Ende der Ausatmung, wenn der Impuls der Einatmung beginnt einzusetzen, vor, wie ein goldener Faden zwei fingerbreit unterhalb des Bauchnabels nach innen und oben zieht. Anatomisch gesehen wird die schräge und quere Bauchmuskulatur leicht tonisiert.

Mula Bandha ist mit der Ausatmung verbunden, Uddiyana Bandha mit der Einatmung. Beide Bandhas bleiben während der gesamten Praxis fortwährend aktiviert. Am Anfang ist dies sehr schwer und Du wirst immer wieder feststellen, dass Du Bandha vergessen hast. Sehe das als einen Erfolg, denn Du hast Dich erinnert. Mit Praxis wirst Du Dich immer öfter an Bandha erinnern, bis es zum konstanten Begleiter Deiner Praxis wird.

Anatomisch betrachtet stützen diese beiden Bandhas die Atmung. Probiere das aus (Lass Dir den Text langsam vorlesen, nach jedem Abschnitt eine kleine Pause):

Lege Dich mit dem Rücken auf den Boden, vollkommen entspannt. Schließe Deine Augen und atme ruhig durch die Nase ein und aus. Lege eine Hand auf den Bauchnabel. Du spürst, wie sich mit der Einatmung der Bauch hebt und wie er mit der Ausatmung zurückfällt. Was Du spürst, ist die Tätigkeit Deines Zwerchfells, das sich bei der Einatmung unter den Rippenbögen kontrahiert und die Bauchorgane nach vorne schiebt.

Setze mit der nächsten Ausatmung Mulabandha und mit der Einatmung Uddhyana Bandha. Der Bauch kann sich nun nicht mehr heben, doch das Zwerchfell kontrahiert wie zuvor. Das Zwerchfell drückt gegen die Bauchorgane, die nach vorne über Uddiyana Bandha und nach unten über Mula Bandha abgestützt sind. Aus dieser Abstützung aus den Bauchorganen heraus, hebt das Zwerchfell bei der Einatmung den Brustkorb an.

Beachte, dass beide Bandhas über den Atem untrennbar miteinander verbunden sind. Beide sind nötig, um dem Atem eine feste Stütze zu geben.

Durch dieses Zusammenwirken der Bandhas mit der Atmung entsteht Festigkeit im Rumpfbereich, Länge in der Wirbelsäule und Raum für Bewegung. Stabilität in der Körpermitte ist essentiell für eine kraftvolle Körperarbeit. Nur ein stabiler Rumpf kann in schier atemberaubende Handstände gehoben werden. Die entstehende Länge in der Wirbelsäule vermindert den Druck auf die Bandscheiben bei demütigen Vorwärtsbeugen und verhindert ein mögliches Zusammenstoßen der Dornfortsätze bei kraftvollen scheinbar unmöglichen Rückbeugen. Der eingesogene Bauch schafft zudem Raum für vielerlei Asanas (Körperhaltung) in denen übermäßiges Volumen hier hinderlich wäre.

Bandha ist für eine kraftvolle Körperarbeit geradezu ein natürlicher Reflex. Du kannst beobachten, wie die Bandhas von alleine entstehen, wenn Du einen schweren Gegenstand hebst. Auch Turner, Akrobaten, Turmspringer, Ballettänzer und andere Sportler kennen diese wichtigen Kraftwerke unter verschiedenen Namen und nutzen sie als essentielle Hilfe in ihrem Sport.

Energetisch betrachtet erzeugen die Bandhas zwei Gegensätze, wie die beiden Pole einer Batterie, zwischen denen die Energie fließen kann. Mula Bandha zieht die Energie an das untere Ende der Wirbelsäule, in das Muladhara Chakra; Es steht für Erdelement. Mula Bandha verbindet Dich mit dieser erdigen Energie, gibt Dir Festigkeit und Stabilität. Uddiyana Bandha heißt wörtlich „das nach oben fliegen“. Uddiyana Bandha zieht das Prana (Energie) aus seiner Basis, dem Muladhara Chakra, durch die Wirbelsäule nach oben. Uddiyana Bandha verbindet Dich mit Luftelement, der Energie des Anahata Chakras in der Mitte des Brustkorbes. Uddiyana Bandha gibt Dir Leichtigkeit, hilft Dir die Schwerkraft zu überwinden.

Am Anfang war das Nichts und aus dem Nichts entstand Klang. Spanda wird dieser erste Klang genannt. Die Schwingung dieses ersten Klanges teilte das Nichts in zwei Gegensätze auf. Wie Plus und Minus zusammen wieder Null ergeben. Im Spannungsfeld der Gegensätze existiert das gesamte Universum in der Schwingung dieses Urklangs. Verhallt der Klang in der Stille, zerfällt das Universum erneut im Nichts. So beschreibt es das Tantra. Der gesamte Kosmos ist ein vorübergehender Tanz zwischen den beiden Gegensätzen, aufsteigender Energie (Prana) und absteigender Energie (Apana), Einatmung und Ausatmung, Männlich und Weiblich, Hell und Dunkel, Hart und Weich, Positiv und Negativ, Sonne und Mond, Zerstörend und Gebärend – Uddiyana Bandha und Mula Bandha.

Die Praxis des Ashtanga Yoga symbolisiert den Tanz der Gegensätze, der die Welt ausmacht. Mit jeder Einatmung streben die Bewegungen nach oben, zur Ausdehnung, mit jeder Ausatmung verwurzelst Du Dich fest im Boden, wirst klein und kompakt. Mit jeder Einatmung leitet Uddhyana Bandha Energie nach oben, lässt Dich leicht werden, verbindet Dich mit der Luft. Mit jeder Ausatmung leitet Mula Bandha Energie nach unten, lässt Dich schwer werden, verbindet Dich mit der Erde. Sind die Gegensätze in Dir im Gleichgewicht, dann befindest Du Dich in innerer Harmonie und körperlicher Gesundheit.

Jalandhara Bandha ist das dritte energetische Ventil, das Du im Ashtanga Yoga nutzen kannst. Jalandhara Bandha erreichst Du, indem Du Dein Kinn etwas senkst, Deine Zunge nach hinten oben gegen den Gaumen rollst und etwas lächelst. Jalandhara Bandha lenkt die durch die Wirbelsäule aufsteigende Energie in eine spiralige Bewegung nach vorne um. Jalandhara Bandha verbindet Dich mit Äther-Element, mit Ajna Chakra in der Mitte des Kopfes. Das Kinn ist nicht in jeder Position gesenkt. Trotzdem besteht die energetische Qualität von Jalandhara Bandha fort.