Om
Oh ihr Götter, mögen wir das Gute mit den Ohren hören,
Dr. Ronald Steiner
O Gods, while engaged in sacrifices, may we hear with our ears what is auspicious,
Pattabhi Jois - 1999
Oh ihr Verehrungswürdigen, mögen wir das Gute mit den Augen sehen!
Dr. Ronald Steiner
may we see with our eyes what is auspicious.
Pattabhi Jois - 1999
Mögen wir durch starke Glieder und mit Freude erfüllten Körpern
Dr. Ronald Steiner
While praising, may we of strong and stady limb
Pattabhi Jois - 1999
das von den Göttern [uns] gegebene Leben erfüllen.
Dr. Ronald Steiner
enjoy the live given by the Gods.
Pattabhi Jois - 1999
Möge Indra, der mit großer Schnelligkeit versehen ist, uns gewogen sein.
Dr. Ronald Steiner
Möge Pūṣa, der die Welt kennt, uns gewogen sein.
Dr. Ronald Steiner
Möge Garuda, der voller Eifer ist, uns gewogen sein.
Möge Br̥haspati, der Lehrer aller Götter, uns wohlwollend beschenken sein.
Dr. Ronald Steiner
Om. Frieden, Frieden, Frieden.
Surya-Namaskara die Basis der spirituellen Praxis
Ohne die nötige Ausrichtung ist Ashtanga-Yoga wertlos, betonte mein geschätzter Lehrer Pattabhi Jois immer wieder. Das Surya-Namaskara ist ein Symbol für diese spirituelle Ausrichtung. Dann murmelte er auf Sanskrit. Es handelt sich um ein Mantra, das sich durch etwas Suchen in der Rig-Veda-Shanhita, der Padapatha Mandala 1 (89.8+89.6), wieder findet. Es ist auch als Shantih-Mantra bekannt und stellt den Beginn jeder zum Atharva-Veda gehörenden Upanishad dar. Auch in Texten aus Yajur-Veda sowie Prashna Upanishad, Amritabindu Upanishad und Bhavana Upanishad finden sich diese Zeilen.
Zweck von Surya-Namaskara
Auch wenn Surya in diesem Mantra nicht genannt wird, setzt Pattabhi Jois es mit dem Surya-Namaskara in Verbindung:
Der Zweck dieses Mantras ist es, das Göttliche in allen Objekten der Sinne zu erkennen, indem die Sinne gestärkt werden. Es ist ein Gebet, nicht nur um physische Kraft, Sinnesorgane, den Verstand und Heilung, sondern um innere Freude und absolute Befreiung von vergänglichem Dasein. Wenn solche Freude erreicht werden krechann, dann nur durch den Gesunden, nicht durch den Kranken. Daher sollen wir, um gesund zu werden, Surya-Namaskara nach der Beschreibung der Schriften praktizieren.
(The purport of this mantra is to discern divinity in all the objects of the senses through the strengthening of the senses. It is a prayer not merely for the strength of the body, senses, and the mind, and for the elimination of diseases, but for inner happiness and ultimate liberation from transmigratory existence. If such happiness is to be gained, it can only be so by the healthy, not by the sick. Therefore, to become healthy, one should practice the Surya-Namaskara in accordance with scriptural injunctions.)
[Yoga Mala S 37]
Dieses Mantra erläutert nicht den genauen Ablauf der Bewegungen, sondern die Essenz und den Sinn von Surya-Namaskara.
Surya-Namaskara als Opfergabe durch den Körper
Das Mantra beschreibt das Darbringen des "Opfers" mit dem Körper. Nach dem Verständnis der Rig-Veda bedeutet "Opfer" ganz allgemein den richtigen Ablauf eines Prozesses. Alles entsteht durch Opfer, wird durch Opfer aufrechterhalten und am Ende in einem Opfer vergehen. So wird auch die gesamte Schöpfung sich in einem Opfer auflösen. Aus der Asche dieses Opfers entsteht schließlich die nächste Schöpfung. So wird die Asche des Opfers zum Homolog des Zeugungs-Samens, zum Homolog von Amritaa. Ein Opfer benötigt, nach dem Verständnis des Veda, drei Aspekte:
- Ein geopfertes Substrat,
- das Opferfeuer als Energie für den Prozess,
- und ein kontrollierendes Agent. Erst dieses bringt das Opfer, mit Wind oder Rauch verbunden, zum gewünschten Resultat.
Diese drei Elemente des Opfers müssen in der exakt richtigen Weise zusammentreffen. So wird in der Veda der alles belebende Regen mit mathematischer Genauigkeit quasi erzeugt. Milch, Butter oder Soma werden im Feuer geopfert. Der Wind facht das Feuer an und bringt die Opfergabe zu den Göttern. Verläuft der Opfervorgang in der richtigen Weise, so kommt der heiß ersehnte Regen vom Himmel zurück. Surya-Namaskara ist ein Opfer, das den Yoga-Praktizierenden transformiert. Wir entfachen unser inneres Feuer durch Ujjayi-Atmung. Bandha ist das kontrollierende Agent. Alles braucht seinen genauen Ablauf und Rhythmus.
Der Ablauf von Surya-Namaskara
Seit alters her wird die Sonne in Indien mit einer Verbeugung bis zum Boden geehrt. Diese symbolisiert ihren Lauf. Surya-Namaskara ist eine Verbeugung an die Sonne nach dem richtigen Ablauf des Vedischen Opfers. Pattabhi erklärt weiter:
Die Methode, um Surya-Namaskara auszuführen, wird auf verschiedene Weisen von verschiedenen Menschen beschrieben. Wir können nicht pauschal feststellen, welche korrekt ist, …
(The method for doing the Surya-Namaskara has been described in various ways by various people. We cannot categorical state what kind is correct, …)
[Yoga Mala, S37]
Yoga beruht vor allem auf persönlicher Erfahrung. Wir finden kein Dogma. Doch die Prinzipien von Surya-Namaskara werden unter den Yogis von Generation zu Generation weitergegeben:
… aber wenn wir uns auf die Wissenschaft des Yoga besinnen, erkennen wir, dass die Tradition von Surya-Namaskara den Prinzipien von Vinyasa gehorcht, bzw. dem System von mit dem Atem verbundenen Bewegungen. Die Bewegungen von Ausatmung (Rechaka), Einatmung (Puraka) und Meditation. Nach den Schriften umfasst diese Tradition: Vinyasa, Rechaka, Puraka, Dhyana, Drishti und Bandha.
…but when we reflect on the science of Yoga, we see that the tradition of the Surya-Namaskara follows, in the main, the method of Vinyasa, or breathing and moving system, the movements of Rechaka or exhalation, Puraka, or inhalation, and meditation. According to the Shastra, this tradition includes: Vinyasa; Rechaka and Puraka; Dhyana [meditation]; Drishti [sight, or gazing place]; and the Bandhas [muscle contractions, or locks].
[Yoga Mala, S 37]
Verbindung von innerer mit äußerer Sonne
Die Sonne ist ein äußeres Feuer, das einen wohlgeordneten Lauf nimmt. Ein perfektes vedisches Opferfeuer sozusagen. In Surya-Namaskara kommen äußeres Feuer und inneres Feuer zusammen. Beide laufen in geordneter Bahn - das vedische Opfer gelingt. Gesundheit und Unsterblichkeit ist das Resultat dieser Zusammenkunft. In der Veda erlangen auch die Götter selbst erst durch ein Opfer ihre Unsterblichkeit. Sie opfern in ihrem inneren Feuer alle negativen Eigenschaften. Für uns Menschen klingt "Unsterblichkeit" zunächst nach einem großen Versprechen. Nach dem Verständnis des Veda bedeutet "Unsterblichkeit", nicht vorzeitig zu versterben. Die Zeit eines Menschenlebens wird hier mit 100 Jahren angegeben. So wie das Feuer zum Opfer gehört, so ist die Sonne untrennbar mit dem Namaskara verbunden. Daher gibt es im Yoga nur einen Gruß an die Sonne. Die indische Mythologie hält viele Götter bereit. Doch sie werden im Yoga nicht mit einem Namaskara verehrt. Pattabhi erklärt wieder:
Und dies allein ist die Methode, die für Surya-Namaskara befolgt werden soll, die Yogis aus ihrer Erfahrung heraus erklären. Der Sonnengruß ohne die oben erklärten Regeln ist wenig mehr als Gymnastik und kein echtes Surya-Namaskara.
And this alone is the method which should be followed when learning the Surya-Namaskara, as yogis declare from experience. Indeed, the Sun Salutations done without following the rules mentioned above are little more than exercise, and not true Surya-Namaskara.
[Yoga Mala, S37]
Das Bhadram Shanti Mantra - Dr. Ronald Steiner 31.7.2015
Gesungen im Rahmen der AYI Advaned Ausbildung.