Die Ursprünge des Mysore Style
Zuallererst ist Mysore der Name der Stadt in Indien, in der Sri. K. Pattabhi Jois, einer der Begründer des modernen Ashtanga Yoga, lebte und wirkte. Als zu Beginn der 1970er Jahre die ersten Amerikaner zu ihm kamen, um seine Form des Yoga zu erlernen, trafen sie auf einen Mann, der sich gerade vom Sanskrit-Studium wieder vermehrt dem praktischen Unterricht von Asanas zuwandte.
Dieser Unterricht lief jedoch ganz anders ab als die im Westen üblichen und den meisten von uns vertrauten Kurse: Anstatt sich zu einem festen Zeitpunkt zu einer Einheit mit vorgegebenem Inhalt zu treffen, kamen die Schüler*innen in Mysore in zeitlich unregelmäßigen Abständen in Pattabhis bescheidene Räumlichkeiten, um sich dort individuelle Übungsabfolgen beibringen zu lassen, die sie dann zu Hause üben konnten. Für lange Zeit war dies der klassische und ausschließlich praktizierte Unterrichtsstil: einzeln, aber gleichzeitig in der Gruppe, unabhängig voneinander und doch gemeinsam übend.
Erst als in den 1980er Jahren der Ansturm westlicher Schüler*innen zu groß wurde, „erfand“ Pattabhi Jois die geführte Stunde („Led Class“), um einer großen Gruppe von Menschen gleichzeitig das zentrale Übungsprinzip des „Vinyasa“ (atemsynchrone Bewegung) beibringen zu können. In der heutigen westlichen Welt wurde diese Übungsform nur allzu gern übernommen, da unsere Kultur diesen Stil traditionell kennt und deshalb in der Regel bevorzugt: An die Stelle des scheinbaren Chaos traten nun klare Vorgaben: alle zur gleichen Zeit, in einheitlicher Form, geführt, ohne viel Eigeninitiative bemühen zu müssen.
Dieses Prinzip, das für viele von uns so vertraut ist, dass wir es für ganz selbstverständlich halten, stieß gerade bei den langjährigen Schülern*innen von Pattabhi jedoch auf wenig Begeisterung. Einige gehen sogar so weit, geführte Stunden im Ashtanga Yoga als lächerlich zu bezeichnen, da sie dem Urprinzip der Individualität und Selbstverantwortung widerstreben. Nicht zuletzt deshalb hat sich die traditionelle Übungsform des individuellen Praktizierens innerhalb einer Gruppe gehalten und wird gerade in spezialisierten Yogaschulen nach wie vor unterrichtet.
„Ich mag die Ruhe im Raum. Mit einem kommunikativen Job und zwei Kindern habe ich den Tag über viele Fragen zu beantworten und bin sehr dankbar dafür, einfach mal in der Stille zu sein und dabei eben auch keine*n Lehrer*in zu hören, der*die die Serie ansagt. Das einzige was ich beim Üben höre, ist mein Atem und der Atem der anderen.... Das ist wunderschön. Das gelegentliche Flüstern zwischen Lehrer*in und Schüler*in stört mich gar nicht.“
Üben im Mysore Style – so geht’s
Nehmen wir an, die Shala in der Du übst, gibt für den Mysore Unterricht einen zeitlichen Rahmen von 06:00 Uhr bis 08:30 Uhr an. Was bedeutet das für Dich? In der Regel kannst Du ca. 15 Minuten vor Beginn, also gegen 05:45, in die Schule bzw. den Raum kommen, um Dich umzuziehen und dann zwanglos mit Deiner Übungspraxis zu beginnen. Im Gegensatz zu einer Led Class bedeutet 06:00 bis 08:30 Uhr jedoch nicht, dass Du von Anfang bis Ende dabei sein musst. Bist Du beispielsweise terminlich dazu nicht in der Lage oder möchtest einfach kürzer üben, kannst Du etwa auch später anfangen oder früher gehen, je nachdem was für Dich günstig ist. Die einzige Vorgabe ist, dass Du so früh kommst, dass Dein geplantes Übungspensum noch in den vorgegebenen Zeitrahmen passt und Du zum Schluss auch noch genügend Zeit für eine Abschlussentspannung hast.
Wie werde ich beim Mysore Unterricht betreut?
Der*die Lehrer*in wird während der gesamten Übungszeit im Raum anwesend sein und jede*n Schüler*in soweit wie möglich individuell unterstützen. Je öfter Du kommst, desto besser kennt Dich natürlich auch Dein*e Lehrer*in und desto besser kann er*sie auf Deine individuellen Bedürfnisse eingehen. Unter Umständen kannst Du auch zu Beginn Deiner Praxis eine Sache äußern, an der Dir heute besonders liegt oder eine spezielle Unterstützung erfragen. All diese Absprachen sollten, vor allem wenn Du später beginnst zu üben, möglichst kurz und in einem ruhigen Ton stattfinden, um andere Schüler*innen, die bereits in der Praxis sind, nicht in ihrer Konzentration zu stören. Auf alle Fälle informieren solltest Du den*die Lehrer*in, wenn akute Verletzungen oder Erkrankungen vorliegen, auf die Rücksicht genommen werden muss.
„Ich übe im Mysore Style, weil ich dabei besser lerne, mit meinem Körper in Kontakt zu sein und ich möchte, dass das ein Dauerzustand wird. Ich darf dort im eigenen Tempo praktizieren und muss nicht einem*r Lehrer*in nachturnen. Außerdem erhoffe ich mir, mich von alten Glaubenssätzen zu befreien und in Zukunft nicht mehr so schnell neurotisch zu werden. Durch das Praktizieren möchte ich mich von alten Lasten befreien und gechillter und ohne Existenzängste leben können. Ich möchte psychische Defizite beheben und Urvertrauen gewinnen. Außerdem will ich gerne gelenkiger werden und die erste Serie ohne Vereinfachungen praktizieren können.“
„Wortloser“ Unterricht
Ein Merkmal des Mysore Unterrichts, das für viele zunächst ungewohnt sein mag, ist die fast vollständige Stille während der Praxis. Letztlich ist in einer Mysore Unterrichtseinheit nur das unterschiedliche Rauschen des Atems, der sogenannte Ujjayi-Atem, aller Schüler*innen hörbar. Diese Stille wird nur ab und an durchbrochen durch ein paar geflüsterte Anweisungen des*r Lehrers*in. Auf diese Weise entsteht eine Atmosphäre höchster Konzentration, die trotzdem gleichzeitig eine tiefe Ruhe ausstrahlt.
Nichtsdestotrotz eröffnest und schließt Du Deine Praxis weiterhin mit den traditionellen Mantren, dies allerdings ebenfalls lautlos. Das bedeutet, Du sprichst zu Beginn und zum Abschluss Deiner Praxis still für Dich das Eröffnungs- und Schlussmantra. In vielen Shalas wird zudem zu einem bestimmten Zeitpunkt, häufig dann, wenn möglichst alle Schüler*innen schon da und die ersten noch nicht wieder weg sind, das Eröffnungsmantra noch einmal gemeinsam laut gechanted.
Am Ende Deiner persönlich gestalteten Übungseinheit gehst Du zunächst für Dich selbst in die Schlussentspannung – die Zeit dafür bestimmst Du ebenfalls selbst. Nach der Entspannung begibst Du Dich ruhig zur Umkleide, bedankst Dich beim Verlassen der Shala mit einer kurzen Verbeugung (Namasté) bei Deinem*r Lehrer*in und kehrst zurück in Deinen Alltag.
„Nach sieben Led Classes, in denen ich die Asanas der Grundpositionen und der Schlusssequenz im Ashtanga Yoga kennen lernen durfte, habe ich zum ersten Mal an einer Mysore Veranstaltung teilgenommen. Ich war neugierig auf diese mir unbekannte Unterrichtsform. Es hat mich aber auch einige Überwindung gekostet, dort aufzutauchen, da mir nur allzu bewusst war, dass ich noch weit davon entfernt war, die Reihenfolge der Asanas oder die Übergänge zwischen den Positionen im Gedächtnis zu haben, geschweige denn die Bewegungen atemkoordiniert durchführen zu können. Dennoch sollte ich im Laufe der folgenden Monate feststellen, dass genau deswegen der Mysore Unterricht die beste Wahl war!“
Praxis ohne durchgängige Anleitung
Für Anfänger*innen, die die Übungsserie erst erlernen und keinen speziellen Einsteigerkurs besucht haben, kann Üben im Mysore Style bedeuten, dass die ersten Einheiten noch sehr kurz sind – vielleicht nur eine halbe oder dreiviertel Stunde lang.
Dieses schrittweise Erlernen der ersten Serie, Asana für Asana, ist jedoch gewollt und Du wirst als Schüler*in langfristig gesehen sehr davon profitieren, wenn Du Dir die Serie auf diese Weise selbst erarbeitest. Denn zum einen lernst Du so die grundsätzlichen Techniken der Positionen, zum anderen lässt sich durch eine regelmäßige, tägliche Wiederholung die Abfolge im Geist etablieren und im Körper verinnerlichen. Wenn Du mit den Grundlagen vertraut bist, werden nach und nach weitere Asanas hinzugefügt und die Übungseinheiten verlängern sich so automatisch. Dein*e Lehrer*in begleitet Dich dabei und versucht, gemeinsam mit Dir ein angemessenes Tempo zu finden, das Deinen Fortschritt bestmöglich unterstützt.
„Den Unsicherheiten und Unvollkommenheiten der Übungspraxis am Anfang wird im Mysore Unterricht mit einer guten Mischung aus „ausprobieren lassen“, der konstanten Bereitschaft, Fragen zu beantworten und dabei individuelle Tipps zu geben, sowie der richtigen Dosis an Korrekturen begegnet. Damit ist diese Unterrichtsform ein sehr gelungenes Beispiel für das Konzept des Forderns und Förderns.“
Die „Königsdisziplin“: Unterrichten im Mysore Style
Als Lehrer versuche ich zuerst, den*die Schüler*in zu sehen und zu erkennen, wie er*sie mit sich und dem Üben insgesamt umgeht. Nach und nach erfahre ich so mehr über die Art und Weise der Praxis, sehe die Dinge, die bewusst eingebracht werden, aber auch die Dinge, die in der Übung eventuell zu kurz kommen oder (noch) gar nicht vorhanden sind. Das können Elemente der Atemführung, Prinzipien des Alignments oder auch subtilere Techniken wie Bandha Führung sein.
Um ein auf lange Sicht sinnvolles und gesundes Üben zu ermöglichen, ist es wichtig, dem*der Schüler*in diese Aspekte Stück für Stück bewusst zu machen und ihn*sie dabei zu unterstützen, sie zu entwickeln und in die eigene Praxis einzubringen. Gerade fehlendes Alignment macht sich nicht immer sofort unangenehm oder schmerzhaft bemerkbar, kann auf lange Sicht jedoch sehr ungünstige Folgen haben und ist deshalb absolut unentbehrlich.
Oft ist auch ein zu forsches Fortschreiten in den Positionen nicht sinnvoll, vor allem dann, wenn die körperlichen Voraussetzungen noch nicht ausgebildet sind oder die Essenz einer Position verfehlt wird. Das mag gerade für Neueinsteiger*innen mitunter zur Geduldsprobe werden, vor allem wenn sie im gleichen Raum mit fortgeschrittenen Schülern*innen üben und insgeheim noch den Anspruch an sich selbst haben, „Da will ich auch so schnell wie möglich hin!“
Lässt man sich jedoch einmal auf den Ansatz und die Begleitung durch den*die Lehrer*in ein, entsteht eine respektvolle und kooperative Auseinandersetzung zwischen Lehrer*in und Schüler*in, eine Beziehung, die auf der Basis von liebevoller Zuwendung gedeihen kann. Wenn ein*e Schüler*in sich nicht korrigiert oder gemaßregelt, sondern gefördert fühlt, habe ich viel erreicht.
Wenn wir uns schließlich noch aus der Identifikation mit der körperlichen Praxis lösen, kann dem*der Schüler*in vermittelt werden, dass durch kontinuierliches, sinnvolles Üben eine Dimension von bewusstem Erleben entstehen kann, in dem er*sie sich selbst in seiner*ihrer Einzigartigkeit völlig annehmen kann. Auch mit anderen Menschen wird so ein von Verständnis und Mitgefühl geprägter, vertrauensvoller Umgang möglich.
„Meine ersten Mysore Unterrichtseinheiten waren eher kurz, denn mein Repertoire an mir einigermaßen geläufigen Asana Abfolgen war schnell erschöpft. Es fiel mir jedoch zunehmend leichter, meine Atmung mit der Bewegung und den Übergängen zwischen den einzelnen Asanas in Einklang zu bringen. Nach und nach bekam ich jeweils ein oder zwei neue Asanas gezeigt, so dass sich mir langsam aber sicher die Grundlagen der ersten Serie erschlossen. Gleichzeitig entwickelte sich währenddessen noch etwas anderes: nämlich meine eigene Übungspraxis, in der ich die erlernten Abläufe und die korrekte Ausführung der Asanas ohne die aufmerksame Beobachtung und Betreuung eines*r Lehrers*in umsetzte.“
Anforderungen bei Unterrichten
Ganz praktisch gebe ich Schülern*innen die meisten Hilfestellungen (sogenannte Adjustments) nonverbal, also nur durch Berührungen mit den Händen, die im besten Fall die Idee vermitteln, die eingebracht werden soll. Hier und da kann es erforderlich sein, einige Worte dazu zu sagen, natürlich leise, um andere Übende nicht zu stören. Eine „Diskussion“ oder langatmige Erklärungen während des Mysore Unterrichts sollten allerdings weitgehend vermieden werden, um den*die Schüler*in nicht aus dem Fluss zu bringen, bzw. ihn*sie nicht abzukühlen, und auch den anderen Übenden noch genügend Aufmerksamkeit schenken zu können. Wenn es notwendig sein sollte, ist nach dem Unterricht in aller Regel noch Zeit für das eine oder andere klärende Wort.
Als Lehrer*in bedeutet der Unterricht im Mysore Style eine weitaus größere Herausforderung. Sich auf jede*n Schüler*in individuell einzustellen, mit Geduld und ohne ihm*ihr die eigenen Meinungen oder Vorstellungen aufzudrücken, ihn*sie bedingungslos zu fördern und zu unterstützen, egal in welcher Gemütslage er*sie sich befindet, setzt eine immense Klarheit im eigenen Wesen voraus. Der Kontakt und Austausch zum bzw. mit dem*der eigenen Lehrer*in ist somit eine Grundvoraussetzung. Gleichzeitig ist eine eigene, regelmäßige Übungspraxis natürlich eine weitere wichtige Grundlage für eine*n Mysore Lehrer*in. Denn letztendlich geht es im Mysore Unterricht auch ein Stück weit darum, die Erfahrung zu vermitteln, welch positiven Effekt es auf das ganze Sein haben kann, mehr oder weniger täglich auf die Matte zu gehen und jeweils angepasst an die individuelle „Tagesform“ zu praktizieren. Was sich natürlich dann am authentischsten vermitteln lässt, wenn genau diese Regelmäßigkeit Teil der eigenen Routine ist.
„Ich mag meinen Rhythmus. Im Gegensatz zu einer geführten Klasse kann ich meinem Atem folgen. Der ist manchmal langsamer, manchmal schneller. Das hängt von verschiedenen Dingen ab und dann ist es im Mysore Raum unglaublich schön, sich vom Atem leiten zu lassen.“
Die richtige Shala, Üben im Mysore Style und Selbstpraxis
Es macht enorm viel Sinn, wenn Du für Deinen Mysore Unterricht eine*n Lehrer*in wählst, zu dem*der Du regelmäßig gehst und dem*der Du bezüglich Wissen und Erfahrung einen gewissen Vertrauensvorschub gibst. Wie erkenne ich eine*n gute*n Lehrer*in? Letztendlich spielt natürlich auch die „Chemie“ zwischen euch eine Rolle, gleichzeitig geben Dir bereits folgende Punkte einen ersten Hinweis: So sollte bei Deinem*r Lehrer*in die Anbindung an seinen*ihren eigene*n Lehrer*in und die jeweilige Tradition klar sein. Zudem sollte die eigene tägliche Praxis die Basis allen Lehrens und Unterrichtens sein. So kann mit der Zeit eine stabile, von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägte Beziehung entstehen, von der Du mit all Deinen Anliegen, Sorgen, Ängsten etc. getragen wirst.
Außerdem sollte Dir bewusst sein, dass der Mysore Unterricht kein vollständiger Ersatz für Deine Selbstpraxis ist. Das bedeutet, dass Du die Abfolge, die ihr gemeinsam im Unterricht erarbeitet, auch zu Hause praktizieren solltest, wenn Du einmal nicht in den Mysore Unterricht kommen kannst. Es ist deshalb also beispielsweise nicht sinnvoll, dass Du im Mysore versuchst, die vollständige Serie zu üben, wenn Du zu Hause stets nur einen Teil davon übst. Deine Heim-Praxis vertieft sich im Mysore Unterricht und wird erweitert, wenn Dein*e Lehrer*in erkennt, dass das bisher Geübte oft wiederholt und integriert wurde.
Hast Du Schwierigkeiten mit einer bestimmten Position, deren Alignment oder bist nicht in der Lage, sie auszuführen, dann wende Dich zu Beginn der Praxis an Deine*n Lehrer*in. Er*Sie wird Dir eine sinnvolle Modifikation geben, die Deinen momentanen Fähigkeiten entspricht und Dich gleichzeitig angemessen fordert. Wende Dich ebenso an Deine*n Lehrer*in, wenn Du Probleme mit einem bestimmten Gelenk oder einer Körperpartie hast. Er*Sie wird Dir dann eine passende, kurze Übungssequenz geben, die einen therapeutischen Einfluss hat, wenn Du sie regelmäßig in Dein Üben integrierst. Gleiches gilt, wenn Dir für eine Position die Kraft oder Koordination fehlt, Du erhältst dann eine vorbereitende Version, die Deine Fähigkeiten verbessert und aufbaut.
„Ich übe gerne in der Gruppe und mag die Energie sehr, die dabei entsteht. Die Energie in einer Mysore Gruppe empfinde ich meist als ganz anders als in einer Led Class. Jeder bemüht sich im Mysore, er *sie selbst zu sein, ist auf sich konzentriert und auf nichts, was von außen kommt. Das macht es für mich intensiver und persönlicher. Ich fühle mich geborgen, darf sein wie ich bin und kann mich so ganz auf meine Praxis einlassen. Ich bin nicht allein, sondern wie in einer Familie aufgehoben. So kann in der Praxis auftauchen, was möchte, ich kann es in diesem Rahmen viel besser zulassen, als wenn ich alleine übe. Und im Gegensatz zu einer Led Class ist im Mysore Unterricht für mich auch der Raum da, um etwas zulassen zu können.“
Das Prinzip sollte damit klar geworden sein: Wann immer Du Probleme mit irgendeinem Aspekt Deiner Übungspraxis hast, untersuche, worum es genau geht und wende Dich dann an Deine*n Lehrer*in und frage nach seiner*ihrer Empfehlung. Bedenke hierbei jedoch, dass auch Dein*e Lehrer*in bei aller Expertise und Erfahrung nicht unfehlbar ist und sein*ihr Vorschlag, etwas ist, das Du für Dich selbst ausprobieren musst. Gib anschließend Dein Feedback, um eventuell weitere Anpassungen vornehmen zu können.
Sei dir außerdem bewusst, dass andere Mitschüler*innen, die gleichzeitig mit Dir üben, immer eine Quelle der Inspiration und Motivation für Dich sein können - und Du für die anderen! So entsteht eine Community mit der gleichen Basis und - trotz unterschiedlichen Übens - der gleichen Tradition, die in Deinem manchmal vielleicht turbulenten Alltag eine stabile Größe und fester Ankerpunkt werden kann. Mit der Zeit wirst Du merken, dass Du ein Vielfaches Deiner ursprünglich investierten Energie zurück bekommst.
„Practice, practice, practice and all is coming.“
„Ich weiß noch, dass ich mich anfangs total gegen diese Art des Übens gewehrt habe. Alles in mir hat sich dagegen aufgelehnt. Heute weiß ich auch warum: Ich wollte damals immer geführte Stunden besuchen, weil sie mir die Verantwortung für meine Übung abgenommen haben. Ich musste nicht denken, konnte einfach 'funktionieren' und das machen, was mir andere sagten. Und wenn es eine 'blöde' Stunde war, dann war es nicht meine Schuld, sondern die des*r Lehrers*in.“
Andreas unterrichtet seit 2016 ausschließlich im Mysore Style - und das an 6 Tagen die Woche. Geführte Stunden (Led Classes) werden nur noch etwa einmal pro Monat angeboten. Dies vor allem, um denjenigen, die sich die erste Serie (Primary Series) neu erarbeitet haben, die Möglichkeit zu geben, die Feinheiten des Ablaufs noch besser zu verinnerlichen, insbesondere was die Übergänge mit korrekter Ein- und Ausatmung und die präzise Ausführung der einzelnen Schritte in und aus der Position betrifft. Gleichzeitig soll den Schülern*innen durch die geführten Stunden die Gelegenheit gegeben werden, die Dynamik der vollständigen Übungsserie zu erfahren und in der Gruppe zu erleben.
Die Reaktionen der Teilnehmer*innen? Nach anfänglich zögerlichem Feedback und einer gewissen Skepsis, da der Mysore Unterrichtsstil mehr Eigenverantwortung verlangt, füllten sich die Übungszeiten mehr und mehr - einigen mutigen Vorreitern*innen sei Dank! Denn letztendlich erweitert sich immer das, was vorgelebt wird....