Weck den Fakir in Dir

25.1.2010
Süddeutsche Zeitung

Auf der ersten Yoga-Expo in München findet sich eine Mischung aus spirituellen und materiellen Angeboten.

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Hundert Körper, immerhin schlanke, schlichten sich in einen Konferenzraum, der für sechzig schon zu klein ist. Matte an Matte, Arm an Arm, Fuß an Nase. Dann atmen sie, und dehnen sich, strecken sich, verbiegen sich, stemmen, schwitzen, und atmen, atmen, atmen. Bei den Rückbeugen sehen sie Hals über Kopf in die Augen der Zuschauer hinter der Glasscheibe, die keinen Platz bekommen haben. Extreme Bedingungen für die Praxis. Herabschauender Hund, Stock, Cobra, heraufschauender Hund, Vorbeuge, Krieger . . . , die Glückseligkeit kommt nicht von allein. Nicht von ungefähr ist das indische Wort Yoga mitdem deutschen Joch verwandt. Alle geben alles. Nur der Lehrer, der so drahtige wie verschmitzte junge Ashtanga-Yoga-Meister Roland Steiner, bleibt locker. 40 000 Mal habe er diese Übunsgreihe schon gemacht, aber so richtig beherrsche er sie immer noch nicht. So, sagt er schließlich, seine Freundin habe ihm eben in einer SMS daran erinnert, dass er ihr viele Klamotten von der Yoga-Messe mitbringen soll. Er müsse jetzt einkaufen gehen, „dafür sind wir doch alle hier“.

Bei der ersten Yoga-Expo München im MOC hat das Wort Messe in der Tat eine doppelte Bedeutung: Einmal als spirituelle Zeremonie, einmal als Warenschau. Drei Millionen Menschen in Deutschland machen Yoga, allein im Münchner „Yoga-Guide“ sind gut 90 Studios aufgeführt, in denen sich Tausende Yoginis ertüchtigen, so dass man durchaus sagen kann: „München erleuchtet.“ Und auch, wenn man eigentlich nur den Körper, den Geist und ein bisschen Seele dafür bräuchte, übt es sich doch schicker mit einer Schaffell-Matte, einem eleganten Top und dem „Benchbow“, einem edel geschwungenen Meditationshocker, der jedes Designerloft zieren würde. Dazu gibt es Bücher mit den altindischen Schriften oder modernen Anatomie-Tafeln, Yogajournale, Massageöl, Buddhafiguren, Mandala-Kunst, eine Flut an Reklame-Zetteln und die „Prana-Matt“, die mit vielen Plastikstacheln Rückenleiden kurieren soll („Weckt den Fakir in dir!“).