Die Technik mit dem Namen “der Umkehrer” (viparītā karaṇa) zerstört alle Krankheiten (vyādhi). Einer der immer mit dessen Praxis beschäftigt ist, dessen Feuer (agni) im Bauch steigert sich.
Oh Sāṅkr̥ti immerzu soll er viel essen. Wenn er wenig isst dann würde wahrlich das Feuer (agni) ihn verbrennen.
Höre zu oh Sāṅkr̥ti, wie die Sonne nach oben und der Mond nach unten zu richten [ist].
Nur eine kurze Zeit soll er am ersten Tag den Kopf nach unten gerichtet haben und die Füße nach oben gerichtet. Tag für Tag soll er im Laufe der Praxis die Dauer etwas steigern.
In Folge dessen werden nach sechs Monaten Hautfalten und graues Haar verschwinden. Wer fortwährend 3 Stunden (yāmamātra) üben würde, der wird wahrlich ein Kenner des Yoga (yoga-vid).
Umkehrhaltung zur Bewahrung von bindu
Die ursprüngliche Idee des Nutzens und der Wirkung von Umkehrhaltungen im ~i~Ha.tha-Yoga~ ist eng mit einem wichtigen Grundkonzept des yogischen Körpers verknüpft: Der menschliche Körper ist ein mikrokosmisches Abbild des Makrokosmos. Demnach existiert alles was im externen Universum vorhanden ist auch im internen Universum. Die beiden Konstituenten, die mit dieser Technik in Zusammenhang stehen sind Mond (candra) und Sonne (sūrya). Sie existieren nicht nur in der äußeren Welt und haben maßgeblichen Einfluss auf das Leben des Menschen, sondern auch im yogischen Körper spielen sie eine zentrale Rolle.
Der innere Mond befindet sich im Schädel des Yogis. Dieser ist bei Lebensbeginn, wie ein voller Mond mit dem Nektar der Unsterblichkeit, bzw. Nektar des Lebens (amr̥ta), einer schneeglitzergleichen Substanz aufgefüllt. Im Laufe des Lebens nimmt der Mond ab und verliert dabei immer mehr des Nektars und somit an Lebensenergie. Dieser Lebenssaft tropft den zentralen Kanal (suṣumna) herunter und wird stetig von der inneren Sonne, in dessen Mitte sich das innere Feuer befindet, konsumiert. Der Mensch lebt so lange bis der Vorrat an Nektar im inneren Mond verbraucht ist1.
Mit Umkehrhaltungen, wie etwas einem Kopfstand, Schulterstand oder der Fledermaushaltung (der Yogi hängt Kopfüber mit einem Seil das an den Füßen befestigt ist von einem Baum herunter) versuchte man den Effekt der Schwerkraft zu nutzen und so den göttlichen Nektar nicht weiter von inneren Mond heruntertropfen zu lassen. Der Strom des Nektars hin zu Sonne und Feuer wird umgekehrt, sodass die Lebenskraft erhalten bleibt. Wenn weniger flüssiger Nektar das Feuer durch das Praktizieren von Umkehrhaltungen erreicht, dann wird das Feuer wie in DYS 145 beschrieben folglich immer stärker.1: | Eine ausführliche Beschreibung des yogischen Körpers befindet sich in Amr̥tasiddhi Kapitel 1-5. Eine kürzere Kurzform findet sich in Gorakṣayogaśāstra 1-11 (Liersch 2018:58-60). |
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