Durch übernatürliche Fertigkeiten (siddhi) kann der Yogin andere Lebensformen gezielt erschaffen. - Oder geht es, im übertragenen Sinne, vielmehr um die eigene Transformation?

Yoga Sutra 4: Über innere Freiheit
jātiKarmadhāraya-Kompositum
jātiSubstantiv Feminin
Geburt, Lebensform
jātiSubstantiv Feminin
janVerbalwurzel
Geburt
janVerbalwurzelentstehen
antaraTatpuruṣa-Kompositum Lokativ
antaraAdjektiv
in eine andere
antaraAdjektivandere
pariṇāmaḥNominativ Singular
pariṇāmaSubstantiv Maskulin
Umwandlung
pariṇāmaSubstantiv Maskulin
pariPräfixnamVerbalwurzel
Umwandlung, Wandlungszustand, Wandlung
pariPräfixum herum
namVerbalwurzelsich beugen, sich verneigen vor
prakr̥tiTatpuruṣa-Kompositum Genitiv
prakr̥tiSubstantiv Feminin
der Urnatur
prakr̥tiSubstantiv Feminin
praPräfixkr̥Verbalwurzel
Urnatur
praPräfixvorwärts, hervor
kr̥Verbalwurzelmachen, vollbringen, ausführen, bewirken
āpūrātAblativ Singular
āpūraSubstantiv Maskulin
aus der Fülle
āpūraSubstantiv Maskulin
āpr̥Verb
Fülle, Flut, Menge
āpr̥Verb
āPräfixpr̥Verbalwurzel
füllen
āPräfixnahe, hin
pr̥Verbalwurzelfüllen, erfüllen, sättigen, nähren

Wenn Dein physischer Körper (prakr̥ti) von Energie angefüllt ist (āpūra), entsteht auch eine grundlegende (jāti-antara) innere Wandlung (pariṇāma).

Dr. Ronald Steiner - moderner Transfer


Aus der Fülle der Urnatur (prakr̥ti) [kann] ein Wandel (pariṇāma) in eine andere Lebensform (jāti) [durch den Yogin bewirkt werden] x.

Dr. Ronald Steiner - historisch-wörtlich

x:

Der Yogi schafft durch seine übernatürlichen Fertigkeiten (siddhi) aus den Bausteinen der Natur (prakr̥ti) ein neues Lebewesen (jāti).


Dabei entspringt seine Umwandlung in eine andere Geburt [möglicherweise: in eine andere Kaste] aus einer Überfülle seiner eigenen Natur.

Paul Deussen - 1908


The change into another class is from the supply of nature.

James R. Ballantyne - 1852

nimittam Nominativ Singular
nimittaSubstantiv Neutrum
Basis, Ursache, das Bestimmende; In Saṁkhya-Philosophie: Werk früherer Geburten, vorherige Handeln
nimittaSubstantiv Neutrum
niPräfixVerbalwurzel
Basis, Ursache
niPräfixinnen, nach Innen, innerhalb, zurück
Verbalwurzelmessen
aprayojakamNeutrum Nominativ Singular
aprayojakaAdjektiv
nicht impulsgebend
aprayojakaAdjektiv
aPräfixpraPräfixyujVerbalwurzel
nicht verursachend, nicht bestimmend
aPräfixVerneinung
praPräfixvorwärts, hervor
yujVerbalwurzelvorbereiten, anschirren, anspannen
prakr̥tīnāmGenitiv Plural
prakr̥tiSubstantiv Feminin
für die Urnaturen
parakr̥tiSubstantiv Feminin
praPräfixkr̥Verbalwurzel
Urnatur
praPräfixvorwärts, hervor
kr̥Verbalwurzelmachen, vollbringen, ausführen, bewirken
varaṇaTatpuruṣa-Kompositum Genitiv
varaṇaSubstantiv Maskulin
Damm
varaṇaSubstantiv Maskulin
vr̥Verbalwurzel
Damm
vr̥Verbalwurzelverhüllen, bedecken, umschließen
bhedaḥNominativ Singular
bhedaSubstantiv Maskulin
Durchbrechung
bhedaSubstantiv Maskulin
bhidVerbalwurzel
Durchbrechung, Einbruch, Bersten
bhidVerbalwurzelspalten, einbrechen
tu
tuPartikel
aber
tuPartikelaber
tataḥ
tatasPartikel
darum, daher, deshalb
tatasPartikeldarum, daher, deshalb
kṣetrikavatNominativ Singular
kṣetrikaSubstantiv MaskulinvatSuffix
wie ein Bauer
kṣetrikavatSubstantiv Maskulin
kṣetrikaSubstantiv MaskulinvatSuffix
wie ein Bauer
kṣetrikaSubstantiv Maskulin
kṣetraSubstantiv Neutrum
der Besitzer eines Feldes
kṣetraSubstantiv Neutrum
kṣiVerbalwurzeltraSuffix
Grund und Boden, Feld, Ort
kṣiVerbalwurzelweilen, sich aufhalten, wohnen
traSuffixKr̥t-Suffix bezeichnet Mittel/Instrument einer Handlung, drückt Instrumentalisierung aus
vatSuffixals Hinterglied von adverbiellen Komposita: wie, in der Weise

Auch wenn der Wandel (pariṇāma) Deines physischen Daseins (prakrṭi) fortwährend ist, so kannst Du diesen Wandel als Yogin in bewusste Bahnen lenken. - So wie ein Bauer der seine Felder bewässert, Dämme spaltet und Kanäle baut.

Dr. Ronald Steiner - moderner Transfer


Für [diesen Wandel (pariṇāma)] der Urnatur (prakr̥ti) [in eine neue Lebensform (jāti) ist] nicht vorangegangene Handlung (nimitta) [des Yogin] impulsgebend (aprayojaka). Sondern [der Yogin lenkt,] wie ein Bauer bei der Durchbrechung des Dammes [zur Bewässerung seiner Felder, die Urnatur (prakr̥ti) gezielt].

Dr. Ronald Steiner - historisch-wörtlich

x:

Der Yogin schafft durch bewusstes Lenken der Urnatur (prakr̥ti) eine neue Lebensform (jāti).


Hingegen sind für die [schöpferisch sich betätigenden] Naturen [der Yogin’s] ihr nimittam (ihre Werke in einem frühern Dasein) nicht das Bewirkende, doch kann es mitbehilflich sein zur Durchbrechung der Hindernisse, wie bei dem [das Feld bewässernden] Bauern.

Paul Deussen - 1908


The occasional is the non-efficient cause of natures thereby there is removal of obscurations, in the case of a husbandman (who removes impediments to the irrigation of his fields).

James R. Ballantyne - 1852

Nachrichten und Bewertungen

Deine Bewertung:

  • neue Lebensform .......(jāti) ist] das nicht vorangegangene Handlung (nimitta) [des Yogin] impulsgebend (aprayojaka).

    Würde das nicht eher eventuell „die vorangegangene Handlung (nimitta) ist [...] neue Lebensform .......(jāti) ist] das nicht vorangegangene Handlung (nimitta) [des Yogin] impulsgebend (aprayojaka).

    Würde das nicht eher eventuell „die vorangegangene Handlung (nimitta) ist nicht impulsgebend (aprayojaka)“ heißen?

    Aber vielleicht verstehe ich das auch falsch....

    Liebste Grüße

    • Ja wau. Vielen Dank. Da hat sich die deutsche Grammatik in der Tat verhäddert. Habe es gleich verbessert. Ja wau. Vielen Dank. Da hat sich die deutsche Grammatik in der Tat verhäddert. Habe es gleich verbessert.

  • Danke für diese so nachvollziehbaren Übersetzungen! Ich habe länger über das Sutra 4.2 nachgedacht und auch andere Übersetzungen gelesen und finde es immer sehr spannend, in welche Richtung die [...] Danke für diese so nachvollziehbaren Übersetzungen! Ich habe länger über das Sutra 4.2 nachgedacht und auch andere Übersetzungen gelesen und finde es immer sehr spannend, in welche Richtung die Interpretationen gehen. Nun bin ich keine Sanskrit Gelehrte, aber da ihr eure Übersetzung so übersichtlich aufgeschlüsselt habt, lese ich "jāty-antara-parināmah prakrty-āpūrāt" folgendermaßen -

    In der Mitte steht das Wort "parinamah" im Nom. Sg. Könnte es sein, dass der" Wandel" damit ganz bewusst an die (auch im Satzgefüge) zentrale Stelle gesetzt wurde?

    "prakrty-apurat" durch die Fülle/Vervollkommnung der physischen Natur (= durch die fließenden Energien des Körpers)

    Die Wandlung in eine andere Existenzform entsteht durch Strömen (der Energien) im Körper. Heute lese ich das als eine Möglichkeit, diesen Wandel in diesem Leben zu vollziehen, wobei ich hier durchaus in den älteren Übersetzungen die Interpretation von jati mit "Kaste" nachvollziehen kann.

    Oder freier - Wenn die Energien im (physischen) Körper zum Fließen kommen, findet eine innere Verwandlung statt.

    Der Zusammenhang mit dem Überfließen/Strömen wird für mich noch nachvollziehbarer beim Hinzuziehen von 4.3, wenn von den Bauern die Rede ist, der den Damm öffnet um so das Wasser zu nutzen, um seine Felder zu bewässern.

    Ich habe es für mich selbst immer wieder erfahren - sobald die Energien im Körper nicht fließen, entsteht Krankheit. Es macht daher für mich Sinn, das Hilfswort "Energien" mit hineinzunehmen.

    Das sind meine Gedanken hierzu :-)
    Viele Grüße,
    Julia

    • Hallo Julia,
      wau. Vielen Dank für das Teilen Deiner super schönen Interpretation.
      - Das ist genau das Kennzeichen eines "Weisheitstextes". Immer wieder wenn wir auf einen Satz schauen, dann [...] Hallo Julia,
      wau. Vielen Dank für das Teilen Deiner super schönen Interpretation.
      - Das ist genau das Kennzeichen eines "Weisheitstextes". Immer wieder wenn wir auf einen Satz schauen, dann entfaltet sich eine neue persönliche Bedeutung. Deine Gedanken inspirieren mich.
      Viel Freude wünscht Dir
      Ronald