Śālinī, Vaiśvadevī, Mālinī und Mandākrāntā sind beliebte Metren für Mantren. Ihre Beliebtheit ergibt sich aus ihrer harmonischen Klangstruktur und ihrer Verwendung in klassischen Texten, wodurch sie sowohl eine meditative als auch ästhetische Wirkung entfalten. Sie unterscheiden sich durch die Anzahl der Silben pro Versfuß (Pāda) und teilen sich einen gemeinsamen Ausklang.
- Śālinī: 11 Silben
- Vaiśvadevī: 12 Silben
- Mālinī: 15 Silben
- Mandākrāntā: 17 Silben
Typischer Śālinī
Ein im Śālinī verfasster Vers besteht aus vier gleich langen Versfüßen (Pāda) mit je 11 Silben.
Wörtlich: Die Wohlhabende
- Das Wort śāli bedeutet Reis, und
- die Endung -nī ist eine weibliche Suffixform.
Śālinī kann auch als Bezeichnung für eine Frau oder eine Person stehen, die Fülle oder Reichtum besitzt. Im Kontext der Metrik bezieht sich die Bedeutung jedoch eher auf die Struktur des Metrums.
Muster von Guru (betont) und Laghu (unbetont):
│ │ │ │ , │ – │ │ – │ │
- Die letzten 6 Silben sind mit einer Zäsur / Wortgrenze abgetrennt.
- Vor der Zäsur befinden sich im Normalfall 4 Silben
(im Gegensatz zum Schwester-Metrum Vaiśvadevī).
Beispiel und Sanskrit Merkspurch:
viśrāme ‘bdhau, Śālinī mena-tau gau
Nāṭyaśāstra (ca. 2. Jh.v - 2. Jh.n.Chr), Kapitel 16:
Das Metrum, dessen Pādas (Verse) aus elf Silben bestehen, wobei die sechste und neunte Silbe leicht (laghu) und die übrigen schwer (guru) sind, wird Śālinī genannt. Beispiel: || 39 ||
śīlabhraṣṭe nirguṇe yā’prakopā loke dhairyād apriyaṃ na bravīṣi |
āryaṃ śīlaṃ sādhvaho te’nuvṛttaṃ mādhuryāḍhyā sarvadā śālinī tvam || 40 ||
„Du empfindest keinen Zorn gegenüber jemandem, der tugendlos ist und keine guten Eigenschaften besitzt, und dank Deiner Geduld mit den Menschen sprichst Du zu niemandem harte Worte. O edle Dame, Du hast ein vorbildliches Verhalten angenommen; Du bist eine Hausfrau, die in jeder Hinsicht voller Sanftmut ist.“
Typischer Vaiśvadevī
Im Vergleich zum Śālinī hat der Vaiśvadevī eine zusätzliche Guru-Silbe am Anfang.
Wörtlich: Zum Gott Viśvadeva gehörend
- Viśvadeva bezeichnet die Gesamtheit der Götter oder bestimmte Gruppen von Göttern.
- Das Suffix -ī gibt eine weibliche Form oder Zugehörigkeit an.
Im metrikalen Kontext deutet der Name an, dass das Metrum den „göttlichen Charakter“ der Götter spiegelt.
Muster von Guru (betont) und Laghu (unbetont):
│ │ │ │ │ , │ – │ │ – │ │
- Die Zäsur verschiebt sich daher nach die 5. Silbe.
- Wie beim Śālinī trennt sie die letzten 6 Silben ab.
- Das gesamte Pāda besteht aus 12 Silben.
Typischer Mālinī
Ein im Mālinī verfasster Vers besteht aus vier gleich langen Versfüßen (Pāda) mit je 15 Silben.
Wörtlich: Die mit einer Girlande Geschmückte
- Das Wort māla bedeutet „Girlande“ oder „Kranz“, und
- das Suffix -inī bezeichnet eine weibliche Form.
Mālinī wird oft als Name einer Frau oder einer Göttin verwendet, aber im Metrum deutet es die Struktur einer "aufgereihten Girlande" an, was in den rhythmischen Mustern der Silben erkennbar ist.
Muster von Guru (betont) und Laghu (unbetont):
– – – – – – │ │ , │ – │ │ – │ │
- Die letzten 6 Silben sind mit einer Zäsur / Wortgrenze abgetrennt.
- Vor der Zäsur befinden sich im Normalfall 8 Silben.
Beispiel und Sanskrit Merkspruch:
nanamayayayuteyaṁ, Mālinī bhogilokaiṁ
Typischer Mandākrāntā
Ein im Mandākrāntā verfasster Vers besteht aus vier gleich langen Versfüßen (Pāda) mit je 17 Silben.
Wörtlich: Die Langsam Voranschreitende
- Mandā bedeutet „langsam, sanft, ruhig“,
- krāntā (von krām – „schreiten, gehen“) bedeutet „schreitend, vorwärtsgehend“.
Der Name symbolisiert den Fluss des Metrums, da es 17 Silben pro Pāda enthält, was das Gefühl von Langsamkeit oder Weite verstärken kann.
Muster von Guru (betont) und Laghu (unbetont):
│ │ │ │ , – – – – – │ , │ – │ │ – │ │
- Nach der 4. Silbe befindet sich eine Zäsur (wie im Śālinī).
- Die letzten 6 Silben sind mit einer Zäsur / Wortgrenze abgetrennt (wie im Śālinī, Vaiśvadevī und Mālinī).
- Zwischen den beiden Zäsuren befinden sich im Normalfall 6 Silben (wie im Mālinī).
Beispiel und Sanskrit Merkspruch:
Mandākrāntā, jaladhiṣadagair, mbhau natau tād gurū cet
Nāṭyaśāstra (ca. 2. Jh.v - 2. Jh.n.Chr), Kapitel 16:
Das Metrum, dessen Pādas (Verse) aus siebzehn Silben bestehen, wobei die ersten vier, die zehnte, elfte, dreizehnte, vierzehnte und die letzte Silbe schwer (guru) und die übrigen leicht (laghu) sind, wird Śrīdharā (Synonym: Mandākrāntā) genannt. Beispiel: || 83 ||
snānaiś cūrṇaiḥ sukha-surabhibhir gaṇḍa-lepaiś ca dhūpaiḥ
puṣpaiś cānyaiḥ śirasi-racitair vastra-yogaiś-ca tais-taiḥ |
nānā-ratnaiḥ kanaka-racitair aṅga-sambhoga-saṃsthair
vyaktaṃ kānte kamala-nilayā śrīdharevāti bhāsi || 84 ||
„O Geliebte, durch Dein Baden, die Puder, den angenehm duftenden Balsam, der auf Deine Wangen aufgetragen wird, den [haarparfümierenden] Rauch, die auf dem Kopf (wörtl. Haupt) angebrachten Blumen, die verschiedenen Kleidungsstücke sowie die vielen Juwelen aus Gold, die an Deinen Gliedern getragen werden, leuchtest Du wahrlich sehr hell, ähnlich der Lotusbewohnerin, die als Göttin der Schönheit bekannt ist.“
Vipulā-Formen von Śālinī / Mālinī / Mandākrāntā
Mitunter gibt es Abwandlungen dieser Metren, die dann fließend ineinander übergehen. Die Abweichungen betreffen vor allem die Länge der Pādas und die Position der Zäsur.
- Silbenlänge der Pādas: variabel von 10 bis 12 Silben.
- Variabilität der ersten Silben: Die ersten Silben bis eine Silbe nach der Zäsur sind relativ variabel.
- Variation der Zäsur: Die Zäsur bleibt relativ fix vor der 6. Silbe.
- Endmuster: Die letzten 6 Silben bleiben relativ konstant:
– │ │ – │ │
Fazit
Die Metren Śālinī, Vaiśvadevī, Mālinī und Mandākrāntā unterscheiden sich hauptsächlich durch die Anzahl der Silben pro Versfuß sowie die Position der Zäsuren. Jede dieser Formen hat ihre eigene charakteristische Struktur und ihren spezifischen klanglichen Rhythmus. Abwandlungen dieser Metren, die Vipulā-Formen, erweitern die Möglichkeiten der Gestaltung von Mantren.
Literatur
Bharata Muni. (ca. 2. Jh. v. Chr. – 2. Jh. n. Chr.). Nāṭyaśāstra, Kapitel 16 – Merkmale der metrischen Muster. In Wisdom Library (Hrsg.), Abgerufen am 20.12.2024, von https://www.wisdomlib.org/hinduism/book/the-natyashastra/d/doc210084.html
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