Von den Outdoor-Sportarten Skifahren und Klettern zum Ashtanga Yoga und zur AYI® Lehrerin: Barbara Kittel-Holmgrens Weg zu schmerzfreier und ganzheitlicher Balance

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Sabine: Barbara, Du bist keineswegs schon Zeit Deines Lebens bekennende Yogini, sondern warst früher vielmehr passionierte Outdoor-Sportlerin. Wie bist Du zum Yoga gekommen?

Barbara: Während meiner Kindheit war das Thema „Leistung im Sport“ recht dominant. Meine Tante war 1960 bei der Olympiade in Squaw Valley erfolgreichste Deutsche (Abfahrt, Riesenslalom) und meine Mutter war ebenfalls Teil der Deutschen Skinationalmannschaft.

Ich selbst war sportlich auch sehr aktiv. Doch aufgrund einer angeborenen Hüftdysplasie waren Schmerzen bereits in jungen Jahren regelmäßiger Begleiter bei der Ausübung meiner damaligen Schwerpunktsportarten Ski und Tennis. Schon mit 26 Jahren haben mir Ärzte deshalb geraten, meine Hüfte beidseitig operieren zu lassen. Sie waren sich sicher, dass ich ohne Eingriff mittelfristig im Rollstuhl sitzen würde. Eine starke innere Stimme und die Angst vor einer komplizierten Operation hielten mich dennoch davon ab. Mit der Entdeckung des Sportkletterns und anderer Outdoor-Sportarten fand ich neue Perspektiven für mich und die Schmerzen ließen nach.

Mit Yoga hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Berührungspunkte – bis mich die zufällige Begegnung mit einer damals 98-jährigen Yogalehrerin während eines Kurzurlaubs mit meiner Familie neugierig machte. Bereits die erste Yogastunde bei ihr zeigte mir einen neuen Horizont in der Ausübung einer Bewegung. Die Klarheit im Kopf und das bedingungslose Fließen des Atems ohne Ziel überzeugten mich. So begann mein Yoga-Weg.

Sabine: Wie ging es danach weiter und was hat Dich letztendlich zu AYI® geführt?

Barbara: Viele verschiedene Yogastunden sowie Workshops und Fortbildungen bei namhaften Yogalehrern (Barbara Noh, Gabriele Bozic, Dr. Patrick Broome, Yogeswari, David Life & Sharon Gannon, Michael Hamilton, David Swenson, Tim Miller) prägten meinen weiteren Weg bis vor etwa vier Jahren. 20 Jahre nach meiner Diagnose und 12 Jahre nach meiner ersten Yogastunde lebe ich nun vollkommen schmerzfrei ohne OP.

Vielen Dank an Stefan Schütz für die Fotos.
www.stefanschuetz.com

Zudem begann ich, vor inzwischen über 15 Jahren neben meinem Beruf als Dipl. Sportökonomin nach der Geburt meiner Kinder als Rückenschulleiterin erste eigene Kurse anzubieten. Aus Rückenschule wurde Körper & Seele. Aus Körper & Seele wurde Yoga. Schritt für Schritt wurden meine Kurse so immer ganzheitlicher angelegt.

Die Anzahl der Yogaschüler nahm stetig zu und nach einigen Jahren Erfahrung als Yogalehrerin wuchs der Wunsch, noch tiefer in den Yoga einzusteigen. Mit dem Umzug aus dem bayerischen Voralpenland an den Bodensee stand die Entscheidung an, entweder zurück in den Beruf zu gehen oder den Nebenjob als Yogalehrerin ernsthafter weiter zu verfolgen. Da ich oft sehr intuitiv handle, folgte ich wieder einer inneren Stimme, die mich davon abhielt, meine fertigen Sportmarketing-Bewerbungsunterlagen einzuschicken. Also informierte ich mich stattdessen darüber, welcher Lehrer mich auf meinem Yogalehrerweg weiterbringen könnte.

Mich interessierte dabei besonders die Yogatherapie. So kam es, dass ich einige bekannte Yogalehrer anschrieb. Gleich einen Tag später bekam ich Antwort von Dr. Ronald Steiner. „Wow!“, dachte ich, als ich las: „Du bist herzlich willkommen.“

Diese entscheidende Begegnung mit Ronald – einem wunderbaren Lehrer – prägt mich bis heute und inspirierte meinen Weg dorthin, wo ich in diesem Moment stehe.

Sabine: Du hast kürzlich die AYI® Advanced Ausbildung abgeschlossen. Was bedeutet das Unterrichten für Dich?

Barbara: Mit dem Abschluss der AYI® Advanced Ausbildung im April 2016 ist für mich ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen. Als ich vor über 10 Jahren mit dem Unterrichten von Yoga begann, betrachtete ich das Unterrichten als kleines Hobby. Heute ist Yoga fester Bestandteil meines Lebens geworden. Yoga hat einen Platz gefunden und wird nicht, wie damals, praktiziert, sondern gelebt.

Der Aufbau der Yogaschule „Ashtanga Yoga Konstanz“ war dabei keineswegs ein vorgesehener Weg für mich, sondern hat sich mehr oder weniger ergeben. Ich lasse mich gerne treiben und sehe einfach was kommt. Einige Menschen in meinem Umfeld, aber auch Schüler folgen einem konkreten Lebensplan und sind dann oft enttäuscht, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden.

Sabine: Was ist Dir in Deinen Stunden besonders wichtig? Was speziell möchtest Du Deinen Schülern vermitteln?

Barbara: Besonders wichtig ist mir, dass meine Schüler mit einem positiven Gefühl aus der Stunde gehen. Sie sollen stets merken, dass ich bei ihnen bin, sie auf ihrem Weg begleite und mich in sie hineinfühlen kann. Ich lege Wert darauf, dass alle Schüler individuell im Blick gehalten werden. Präzision und Alignment, gepaart mit einer großen Portion Feingefühl für die innere Haltung, das versuche ich in meinen Stunden stets zu vermitteln. Im Yoga sind wir alle im Wandel. Es gibt nichts Perfektes, sondern nur einen kontinuierlichen Prozess.

Die letzten 10 Jahre meines Unterrichts bin ich immer mit meinen Schülern gewachsen und sie vielleicht auch mit mir. Dabei verfolge ich kein konkretes Ziel, möchte aber etwas bewegen. Alle Menschen sollten eine Chance bekommen, sich selbst besser kennen zu lernen. Aus der Erfahrung, die ich täglich auf meiner Yogamatte mache, entstehen die Fokusthemen, die wir in der Stunde jede Woche neu erarbeiten. Das können sowohl anatomische als auch philosophische Themen sein. Letzte Woche fokusierten wir uns zum Beispiel auf „Mental Alignment“, also innere Haltung – weg von einem äußeren Bild.

Sabine: Bei Ashtanga Yoga KN setzt ihr mittlerweile bei allen Kursen auf die AYInnovation® Methode. Warum habt ihr euch dafür entschieden und was macht diese für Dich persönlich aus?

Barbara: Unsere Lehrmeister, etwa Krishnamacharya oder Pattabhi Jois, unterrichteten traditionelles Ashtanga Yoga. Ihre Schüler waren sehr jung, kaum einer über 30 Jahre alt.

Wir wollen mit AYI® alle Menschen jeden Alters mit ihren individuellen körperlichen und seelischen Voraussetzungen abholen. Wir sind überzeugt davon, dass alle Menschen in der Lage sind, die Tiefe – vielleicht sogar die „heilende Kraft“ – des Ashtanga Yogas kennen zu lernen.

Die Schüler von Ashtanga Yoga KN sind im Alter von 19 bis 75 Jahren. Einige bringen körperliche Beschwerden, wie z. B. Arthrose oder chronische Rückenschmerzen, mit in die Stunde, andere leiden seit Jahren unter Depressionen. Gerade diese Schüler berichten mir immer wieder davon, wie ihre Schmerzen bzw. ihr Leiden auf ein Minimum reduziert werden konnte.

Mich persönlich macht es sehr glücklich, anderen Menschen etwas Gutes zu tun. Die Tatsache, dass mich manche Schüler bereits seit über sieben Jahren begleiten, stimmt mich positiv und motiviert natürlich, weiter zu machen.

Dass die AYI® Innovation Methode es zulässt, auch eigene Ideen umzusetzen, lässt mir als Lehrer eine gewisse Freiheit. Neben klassischen Ashtanga Workshops wie Pranayama, Philosophie oder Ashtanga Intensives bieten wir seit kurzem auch Workshops oder Retreats an, die andere meditative Aspekte (z. B. Gehmeditation oder Bewegungsmeditation) mit aufnehmen: So ist „Ashtanga Yoga & Wandern“ bereits fester Bestandteil im Workshop Programm „Yoga & Kreativität“ ein Pilotprojekt. Es hat unglaublich viel Freude gemacht zu sehen, wie die Teilnehmer sich erst über Atmung und Körperarbeit eingestimmt haben, um dann vollkommen fließend in das Malen einzutauchen. Das Malen wurde dabei von einer sehr erfahrenen Ausbilderin von Kunsttherapeuten angeleitet.

Sabine: Zum Schluss noch einmal zurück zu Dir selbst und Deiner eigenen Praxis. Ein Satz, der Dich besonders inspiriert hat, stammt aus Patañjali Yoga Sūtra, genauer gesagt I.50. Warum genau diese Passage und was verbindest Du damit?

tatTatpuruṣa-Kompositum Genitiv
tatPronomen 3. Person
dieser
jaḥNominativ Singular Maskulin
jaAdjektiv
geboren
jaAdjektiv
janVerbalwurzel
geboren
janVerbalwurzelgebären, produzieren
saṁskāraḥNominativ Singular
saṁskāraSubstantiv Maskulin
Prägung
saṁskāraSubstantiv Maskulin
samPräfixkāraSubstantiv Maskulin
Zubereitung, Eindruck, Anlage des Geistes
samPräfixzusammen, mit
kāraSubstantiv Maskulin
kr̥Verbalwurzel
Tat, Handlung
kr̥Verbalwurzeletwas machen, vollbringen, ausführen
anyaKarmadhāraya-Kompositum
anyaAdjektiv
ein anderer
saṁskāraTatpuruṣa-Kompositum Genitiv
saṁskāraSubstantiv Maskulin
Prägung
saṁskāraSubstantiv Maskulin
samPräfixkāraSubstantiv Maskulin
Zubereitung, Eindruck, Anlage des Geistes
samPräfixzusammen, mit
kāraSubstantiv Maskulin
kr̥Verbalwurzel
Tat, Handlung
kr̥Verbalwurzeletwas machen, vollbringen, ausführen
pratibandhīNominativ Singular
pratibandhinSubstantiv Maskulin
unterbindend
pratibandhinSubstantiv Maskulin
pratiPräfixbandhVerbalwurzelinSuffix
unterbindend, hindernd, hemmend
pratiPräfixgegen, entgegen zurück
bandhVerbalwurzelbinden
inSuffixBesitz anzeigend, einer der XY tut

Dein Gehirn ist trainierbar. Jede Erfahrung, die Du einmal machst, wird leichter zu wiederholen. Das trifft sogar auf die Wesenskern-Erfahrung (samādhi) zu. Sie hinterlässt eine Prägung in Deinem inneren Wahrnehmungsraum, die andere Prägungen überschreibt.

Dr. Ronald Steiner - moderner Transfer


Die aus diesen [geistigen Objekten] entstandene (taj-jaḥ | nom sg) Prägung (saṁskāraḥ | nom sg) [führt zur] Unterbindung (pratibandhī | nom sg) von anderen Prägungen (anya saṁskāra | tp gen).

Dr. Ronald Steiner - historisch-wörtlich


Der aus dieser [höhern Art der Erkenntnis] erzeugte Gemütseindruck hält die andern Gemütseindrücke nieder.

Paul Deussen - 1908


The train (of self reproductive thought) resulting from this puts a stop to other trains.

James R. Ballantyne - 1852

Barbara: Dieser für mich entscheidende Satz inspiriert mich seither, den Yogaweg weiter zu verfolgen. In ihm ist alles vereint. Alle Sätze davor münden in Satz I.50. Aus meinen bisherigen Prägungen, die ich auch als Muster sehe, eines Tages heraustreten zu dürfen, um eine neue Spur zu legen, finde ich faszinierend. Mein Bewusstsein aus der Vergangenheit zu reinigen, um damit neues Bewusstsein zu schaffen, evtl. Transformation, ist etwas, das unheimlich motiviert.

Dabei strebe ich keineswegs an, ein neuer Mensch zu werden. Es geht mehr um Entwicklung oder Wachstum. Auch in meiner Yogapraxis spiegelt sich das wider: Aus einer anfangs recht zielorientierten Praxis wurde über Jahre eine viel weichere, sanftere Praxis. Derzeit übe ich meist die Zweite Serie. Wenn mir danach ist, übe ich auch die ersten Positionen der Dritten Serie oder auch immer wieder gerne die Erste Serie mit Modifikationen, die meinem Körper gut tun.

Dem inneren Strom des Lebens zu folgen, dabei helfen mir die Sinnabschnitte YSI.23-26. Seitdem mich iśvara auf meinem Lebensweg begleitet, hat sich viel verändert. Iśvara trägt einen Teil der Verantwortung. Er unterstützt mich auch dabei, die globale Sicht auf das Universum zu bewahren, um die kleinen Sorgen des Alltags vergessen zu können. Mein „persönlicher Gott“ begleitet mich auf größeren Bergtouren oder in Situationen, die starke Nerven erfordern. Ich kann fühlen, wie er mir hilft, den eigenen Instinkten zu folgen, um Entscheidungen zu treffen.

Sabine: Vielen Dank für das Gespräch und das Teilen dieser sehr persönlichen Eindrücke!

AYI® Morning Practice im Zeitraffer. Lass Dich inspirieren!

„Entstanden ist unser kleiner Yogafilm eher spontan, ohne das ganze Drumherum wie Visagisten oder Assistenten - nur Stefan, der Kameramann und ich. Wir haben uns für einen Film entschieden, denn ein bewegtes Bild ist immer unverfälscht, authentisch. Der Clip soll Yogis motivieren, die Matte auszurollen und den Flow und die Balance zum Ausdruck bringen, die entstehen kann, wenn man regelmäßig praktiziert.“

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